Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 01/2014 - page 5

Interview
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Wiederum ziehen erfolgreiche, gut geführte und arbeitnehmer-
freundliche Betriebe qualifizierte Beschäftigte an. Hier Unter-
stützung zu geben und dafür zu sorgen, dass Thüringen für Unter-
nehmen und Fachkräfte attraktiv ist – das ist eine politische
Herausforderung für mich.
Ihr Vorgänger Matthias Machnig hat große Fußstapfen
hinterlassen. Wie wollen Sie da hinein passen? Oder
bevorzugen Sie von vornherein eine eigene Spur?
Mit seinem Amtsvorgänger verglichen zu werden, liegt in der Natur
der Sache. Ich habe vor, meine eigene Spur zu hinterlassen.
Machnig galt im Amt als umtriebig, ein Mann, der
immer noch ein Eisen im Feuer hatte. Hat er Ihnen
ein paar solcher Eisen übergeben?
Auch möchte ich einen klaren Beitrag zum Gelingen der Energie-
wende in Thüringen leisten. Auf diesem Gebiet hat mein Amts-
vorgänger zweifellos viele Initiativen ergriffen. Ich möchte den
Anteil der erneuerbaren Energien zum Beispiel beim Wärmever-
brauch steigern. Daher werden wir unser 1000-Dächer-Photovoltaik-
Programm ergänzen und künftig die Errichtung von Solarthermie-
Anlagen an Gebäuden fördern, die Kommunen, gemeinnützigen
Organisationen oder Genossenschaften gehören. Den Wärmever-
brauch aus den Erneuerbaren zu speisen – auf dem Gebiet gibt es
noch viel zu tun.
Auch stehe ich zum Ausbau der Pumpspeichertechnologie: Nach dem
jetzigen Stand der Technik ist dies die effektivste Möglichkeit der
Energiespeicherung. Diese brauchen wir, um Sonnen- und Wind-
energie zu speichern, die eben unregelmäßig produziert wird.
Thüringen kann gerade auch auf diesem Gebiet einen Beitrag zu ei-
ner nachhaltigen Energieversorgung leisten.
Als zuständiger Minister werden Sie sicher auch ein
gewichtiges Wort mitsprechen, wenn es um den
wirtschaftspolitischen Teil des Programms Ihrer
Partei zur Landtagswahl geht. Wo wollen Sie
Schwerpunkte setzen?
Thüringen ist ein dynamischer und innovativer Wirtschaftsstandort.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Der Freistaat zieht innovati-
ve Unternehmen an. In der Wirtschaftsförderung brauchen wir eine
Stärkung der unternehmensnahen Forschung – wie es sie zum
Beispiel mit dem ThIMO (Thüringer Innovationszentrum Mobilität)
in Ilmenau gibt. Thüringer Forschungseinrichtungen haben mit ih-
ren Erfindungen und Innovationen eine lange Tradition. Diesem
Erfinder- und Forschergeist möchte ich weiteren Rückenwind geben.
Dazu zählt die Stärkung von Forschung und Entwicklung sowie von
Unternehmen, die die entsprechenden Produkte am Markt platzie-
ren und vertreiben.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Fachkräftesicherung: Bis 2025
werden in Thüringen rund 280.000 Fachkräfte gebraucht – beson-
ders in der Industrie, in den unternehmensnahen Dienstleistungen,
im Gesundheits- und Sozialwesen. Deshalb müssen wir alle Anstren-
gungen darauf konzentrieren, die vorhandenen Arbeitskräfte-
potenziale zu erschließen. Dazu brauchen wir eine vernünftige
Lohnpolitik. Denn: Niedrige Löhne beschleunigen die Abwanderung.
Gemeinsam mit den Unternehmen müssen wir deshalb dafür sorgen,
dass die Beschäftigten von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung
profitieren. Gute Arbeit ist immer noch das beste Rezept gegen
Fachkräftemangel. Zugleich muss Thüringen attraktiver für auslän-
dische Fach- und Arbeitskräfte werden. Mit Einrichtungen wie der
Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF) und dem
Welcome Center unterstützt das Wirtschaftsministerium qualifizier-
te Zuwanderer beim Schritt nach Thüringen.
Ihr Parteivorsitzender Siegmar Gabriel ist jetzt
sozusagen auch Ihr Amtskollege beim Bund, auch er
ist neu in seinem Amt und steht vor großen Aufgaben.
Wie eng ist der Draht zwischen Ihnen – oder sagen wir
besser: Wie lang ist der Dienstweg nach Berlin?
Der Weg ist kurz und unkompliziert. Zuallererst aber gilt: Unsere
Thüringer Themen müssen wir selbst lösen. So wie jedes andere
Bundesland auch. Wir können uns allenfalls Unterstützung oder
Expertise aus Berlin holen.
Letzte Frage: Was wollen Sie in dieser Legislatur-
periode unbedingt noch in Sack und Tüten bringen?
Ich möchte Thüringen als dynamischen und innovativen Wirtschafts-
standort bekannt machen und innovative Unternehmen für
Thüringen gewinnen oder deren Gründung im Land unterstützen. Ich
will die Energiewende mitgestalten zum Beispiel mit unserer So-
larthermie-Initiative. Und ich möchte die Fachkräftesicherung voran-
bringen und Zuwanderern aus unseren europäischen Nachbar-
ländern, die bei uns arbeiten und leben wollen, deutlich machen: Ihr
seid hier willkommen.
Herr Minister, herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Torsten Laudien
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