Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 01/2014 - page 24

Außenwirtschaft
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In der Russischen Föderation sind nach Angaben der dortigen Außenhandelskammer bereits über 6.000 deutsche Unternehmen tätig.
Bei der Finanzierung der Geschäftstätigkeit in Russland gilt es, je nach Art des Engagements, diverse, oftmals landesspezifische de-
visen-, steuer-und gesellschaftsrechtliche Aspekte zu beachten, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.
Ein Gastbeitrag
von Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arne Seifert von der BDO AG.
Finanzierungen in Russland:
Das müssen Sie beachten!
Grundsätzlich ist der russische Rubel
konvertibel. Dennoch unterliegen Au-
ßenhandelsgeschäfte und sonstige
Transaktionen zwischen so genannten
Residenten und Nichtresidenten der
Währungskontrolle in Russland. Be-
stimmte Fremdwährungsgeschäfte un-
terliegen einer Genehmigungspflicht
durch die russische Zentralbank. In der
Mehrzahl der Fälle besteht jedoch le-
diglich eine Meldepflicht, die durch die
jeweilige Hausbank des Residenten als
so genanntem „Agent der Währungs-
kontrolle“ umgesetzt wird. So ist bei
Geschäften zwischen Residenten und
Nichtresidenten ab einer bestimmten
Größenordnung (gegenwärtig 50.000
US-Dollar brutto) ein Geschäftspass
(russisch: „Pasport sdelki“) bei der Bank
des russischen Importeurs oder Leis-
tungsempfängers zu erstellen. Hierbei
handelt es sich um ein Meldeformular,
das ordnungsgemäß auszufüllen ist.
Beizufügen sind regelmäßig entspre-
chend beglaubigte Ausfertigungen der
Verträge, Rechnungen und Leistungs-
abnahmebestätigungen sowie weitere
Nachweise über die Leistungserbrin-
gung. Die Anforderungen an die beizu-
bringenden Unterlagen können von
Bank zu Bank durchaus variieren, eben-
so die Bearbeitungszeiten bis zur Frei-
gabe der Zahlung durch die Bank. Die
Banken sind verpflichtet, auf Konten
des Residenten eingehende Zahlungen
von Nichtresidenten nach Ablauf von
sieben Tagen zurückzuüberweisen, so-
fern kein ordnungsgemäß ausgestellter
Geschäftspass vorliegt.
Dies gilt auch für im Rahmen von Außenhandels-
geschäften vereinbarte An- und Vorauszahlungen. Im
Übrigen können beliebige Fristen zwischen Anzahlung
und Lieferung beziehungsweise Leistungserbringung
vereinbart werden. Frühere diesbezügliche Einschrän-
kungen wie die so genannte 180-Tage-Regelung oder
die Beibringung von Anzahlungsgarantien durch den
ausländischen Exporteur kennt das derzeitige russi-
sche Devisenrecht nicht.
Vor Vertragsabschluss sollte stets geprüft worden
sein, inwieweit die zu erbringenden Leistungen oder
bestimmte Leistungsbestandteile des Außenhandels-
geschäfts in Russland der Umsatzsteuer unterliegen.
Insbesondere bei Beratungs-, juristischen, Buchfüh-
rungs-, Ingenieur- und Marketingleistungen, bei der
Bearbeitung von Informationen, der Überlassung von
Rechten und Know-how sowie bei bestimmten For-
schungs- und Konstruktionsarbeiten kann der Leis-
tungsort gemäß den Bestimmungen des Steuerkodex
der Russischen Föderation für Zwecke der Umsatz-
steuer in Russland liegen, wenn der Leistungs-
empfänger in Russland tätig ist. Sofern der ausländi-
sche Leistungserbringer in Russland nicht steuerlich
registriert ist, erfolgt die Umsatzbesteuerung in die-
sen Fällen im Abzugsverfahren. Der Leistungsemp-
fänger hat hierbei die russische Umsatzsteuer anstel-
le des Leistenden aus dessen Erlös einzubehalten und
abzuführen. Anfallende russische Umsatzsteuer sollte
deshalb bereits bei Bemessung des Preises der
Dienstleistungen entsprechend berücksichtigt werden.
Für den russischen Leistungsempfänger ist die einbe-
haltene und abgeführte Umsatzsteuer ein durchlau-
fender Posten, da sie wie Vorsteuer angerechnet wird.
Die Finanzierung rechtlich unselbständiger Repräsen-
tanzen, Zweigniederlassungen und sonstiger Betriebs-
stätten ausländischer Unternehmen in Russland kann
relativ unproblematisch durch Überweisungen des
Stammhauses auf die Fremdwährungs-
konten der betreffenden russischen
Einheit erfolgen, ohne dass es hierfür
eines gesonderten Vertrages bedarf. Im
Ausland für die Einheit in Russland an-
fallende Ausgaben können direkt durch
das Stammhaus gezahlt werden.
Für die Finanzierung einer Tochter-
gesellschaft in Russland bietet sich zu-
nächst in der Gründungsphase eine aus-
reichende Kapitalausstattung über eine
Bareinlage an. Zu beachten ist, dass
nach geltendem Gesellschaftsrecht das
gezeichnete Kapital in Rubel festzuset-
zen ist. Kursdifferenzen im Zusammen-
hang mit der Einlagenerbringung in
Fremdwährung sind in die Kapitalrück-
lage (Zusatzkapital) einzustellen.
Im weiteren Verlauf sind unter anderem
die gesellschaftsrechtlichen Kapital-
erhaltungsvorschriften zu berücksichti-
gen. Unterschreiten bei einer russischen
GmbH die Nettoaktiva (Vermögen ab-
züglich Schulden) ab dem zweiten vol-
len Geschäftsjahr nach Gründung den
Betrag des Stammkapitals, ist gemäß
den Vorschriften des russischen GmbH-
Gesetzes eine entsprechende Kapital-
herabsetzung vorzunehmen. Bei Un-
terschreitung des gesetzlichen Mindest-
stammkapitals (10.000 Rubel) ist die
Liquidation der Gesellschaft zu be-
schließen. Die Nichteinhaltung dieser
Vorschriften ist nach derzeitiger Rechts-
lage nicht sanktionsbewährt. Allerdings
können Gläubiger oder die russischen
Steuerbehörden in ihrer Eigenschaft als
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