Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 01/2014 - page 29

Finanzierung im Mittelstand
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Foto: K.-U. Häßler/fotolia
könnte zu einer Einschränkung des
Kreditangebots führen.
Limitierung des
Geschäftsvolumens
Das Geschäftsvolumen einer Bank soll
künftig unabhängig von der Risikoqua-
lität der Ausleihungen auf ein bestimm-
tes Vielfaches des Kernkapitals be-
schränkt werden (sogenannte Leverage
Ratio). Angesichts der risikounabhängi-
gen Limitierung des Gesamtvolumens
wäre es denkbar, dass Kreditinstitute
mehr auf margenstärkere Kreditge-
schäfte setzen. Immobilienfinanzierun-
gen könnten sich – genauso wie Finan-
zierungen für nicht sehr bonitätsstarke
Unternehmen – verteuern oder nur
noch eingeschränkt angeboten werden.
Vorhalten einer
Liquiditätsreserve
Die neuen Liquiditätsregeln schreiben
eine bestimmte Reserve an liquiden
Mitteln für 30 Tage vor. Das dürfte kurz-
fristige und liquide Einlagen wie auch
die Vergabe von Krediten mit längerer
Laufzeit (Fristentransformation) behin-
dern. Langfristige Unternehmensfinan-
zierungen werden dadurch deutlich er-
schwert.
Hinsichtlich der Vorgaben zum risikoge-
wichteten Eigenkapital können kleine
und mittlere Unternehmen (KMU) aller-
dings etwas aufatmen. Sämtliche Dar-
lehen eines Kreditinstitutes an ein KMU
von insgesamt bis zu 1,5 Millionen Euro
werden bevorzugt behandelt. Das dürf-
te sich bei der Ermittlung der Eigen-
kapitalanforderung positiv auswirken
und dazu führen, dass die Kapitalan-
forderungen für diese Kredite – vergli-
chen mit denen höherer Kreditvolumina
– niedriger ausfallen. Mit diesem soge-
nannten Mittelstandskompromiss sol-
len unangemessene Kapitalanforderun-
gen für Finanzierungen an KMU
vermieden werden. Insofern sind für
den kleineren Mittelstand keine größe-
ren Verwerfungen bei der Kreditvergabe
zu erwarten.
Trotzdem sehen sich Mittelständler, die
über eine schwache Bonität verfügen
oder Risikobranchen angehören, neuen
Herausforderungen gegenüber. Glei-
ches gilt auch für Existenzgründer und
Firmen mit hohem Finanzierungsbedarf.
Die Banken werden bei der Kredit-
vergabe vorsichtiger sein und noch
mehr auf die Bonität der Unternehmen
achten. Insofern ist davon auszugehen,
dass es für viele KMU künftig schwerer
und teurer werden wird, Darlehen zu er-
halten. Unternehmen sollten dem Be-
reich der Finanzierung daher insgesamt
mehr Aufmerksamkeit widmen und auf
einen Mix verschiedener Instrumente
setzen. Eine optimale Finanzierungs-
struktur, die dem jeweiligen Unter-
nehmen Stabilität wie auch Flexibilität
bietet, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor
für die unternehmerische Entwicklung.
Eine Musterlösung für eine optimale
Finanzierungsstruktur von Unterneh-
men gibt es jedoch nicht. Vielmehr
muss eine Finanzierungsstruktur an die
unternehmensspezifischen Rahmenbe-
dingungen angepasst werden. Die mit-
telständischen Unternehmen sollten
daher von sich aus aktiv werden, um
langfristig von einer speziell auf sie
ausgerichteten kostenoptimalen Finan-
zierungsstruktur zu profitieren.
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