Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 01/2014 - page 25

Außenwirtschaft
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Registrierungsorgan eine Liquidation
per Gerichtsbeschluss erwirken.
Das Problem nicht ausreichender
Nettoaktiva entsteht oftmals bereits
durch hohe Kursverluste bei ungünsti-
ger Kursentwicklung und einem hohen
Anteil an Fremdwährungsverbindlich-
keiten, insbesondere gruppeninternen
Lieferantenverbindlichkeiten und Dar-
lehen.
Als Alternative bietet sich unter ande-
rem eine lokale Darlehensfinanzierung
in Rubel in Russland an. Hierbei sind al-
lerdings die Zinssätze und die zu stel-
lenden Sicherheiten meist höher als in
Deutschland üblich. Oftmals wird zu-
sätzlich noch eine Garantie des Mut-
terunternehmens verlangt. Andererseits
werden Liquidität und Kreditlinien des
Mutterunternehmens geschont.
Möglich ist auch der Abschluss von
Darlehens- und sonstigen Geschäften
mit der Tochtergesellschaft in Rubel.
Das Kursrisiko verlagert sich bei dieser
Gestaltung auf das Mutterunternehmen.
Letzteres verfügt meist über bessere
Möglichkeiten, dieses Risiko gegebe-
nenfalls abzusichern.
Sofern das Problem zu geringer Netto-
aktiva nicht kurz- oder zumindest mit-
telfristig durch ausreichende Jahres-
überschüsse beseitigt werden kann,
kommt zur Heilung ein nicht rückzahl-
barer Gesellschafterzuschuss in Be-
tracht, entweder auf zivilrechtlicher
Basis (umstritten, da laut russischem
Zivilgesetzbuch keine Schenkungen
zwischen Unternehmen möglich sind)
oder auf gesellschaftsrechtlicher Basis
als Einlage in das Vermögen der Gesell-
schaft gemäß den Bestimmungen des
GmbH-Gesetzes der Russischen Föde-
ration. Letzteres verlangt das Vorhan-
densein einer entsprechenden Sat-
zungsbestimmung. Nach geltendem russischem
Ertragsteuerrecht sind derartige Zuschüsse steuerfrei,
sofern sie vom Mehrheitsgesellschafter (Beteiligung
am nominalen Stammkapital über 50 Prozent) geleis-
tet werden. Seit einiger Zeit ebenfalls möglich ist die
Umwandlung von Gesellschafterforderungen in
Eigenkapital (debt to equity swap).
Devisenrechtlich gelten für Geschäfte, einschließlich
Darlehensverträge, zwischen einer russischen Kapital-
gesellschaft und deren ausländischen Gesellschaftern
die vorstehend angeführten Bestimmungen zur
Ausstellung eines Geschäftspasses analog.
Steuerlich sind bei Darlehensfinanzierungen gegebe-
nenfalls die Vorschriften des russischen
Ertragsteuerrechts zur Abzugsfähigkeit
von Zinsaufwendungen zu berücksich-
tigen. Diese sind grundsätzlich in Höhe
der tatsächlich angefallenen Zinsen ab-
zugsfähig, wenn der Zinssatz je Quartal
nicht wesentlich vom Durchschnitt, der
für Darlehen unter vergleichbaren
Umständen zu zahlen ist, abweicht. Bei
fehlender Vergleichbarkeit sind Zinsen
für Rubeldarlehen in Höhe des 1,1-fa-
chen des Refinanzierungssatzes der rus-
sischen Zentralbank, d.h. derzeit bis zu
9,075 Prozent p.a., und für Fremdwäh-
rungsdarlehen in Höhe von 15 Prozent
steuerlich abzugsfähig. Für Gesellschaf-
ten mit deutscher Beteiligung sind Zins-
aufwendungen, sofern fremdüblich,
aufgrund der Bestimmungen des Proto-
kolls zum Doppelbesteuerungsabkom-
men (DBA) Deutschland - Russland vom
29.05.1996 grundsätzlich unbeschränkt
abzugsfähig.
Bei Gesellschafterdarlehen sind nach
nationalem russischen Steuerrecht
Regelungen betreffend die Gesellschaf-
terfremdfinanzierung zu beachten:
Übersteigen zum Beispiel die Darle-
hensverbindlichkeiten gegenüber ei-
nem Gesellschafter, der mit mindestens
20 Prozent an der Gesellschaft beteiligt
ist, das (anteilige) Eigenkapital dieser
Gesellschaft um den Faktor 3:1 werden
die Zinsaufwendungen insoweit in Aus-
schüttungen umqualifiziert, die einem
Quellensteuerabzug in Russland unter-
liegen. Gemäß einer Verständigung zwi-
schen den Finanzministerien Deutsch-
lands und Russlands sind die nationalen
Regelungen zur Gesellschafterfremd-
finanzierung auch im Lichte des DBA
anzuwenden. Die russische Rechtspre-
chung scheint sich dem im Ergebnis an-
zuschließen.
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Arne Seifert, Wirtschaftsprüfer
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und Steuerberater BDO AG
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